Der Ortsname Altenkirchen lässt auf ein sehr hohes Alter der ersten Kirche schließen, deren Entstehung bis in die karolingische Zeit (9. Jahrh. n. Chr.) zurückreicht.
In alten Urkunden heißt der Ort auch bereits „Altenkirk“. Die günstige Lage im Gabelpunkt mehrerer Straßen und eine gewisse Vorrangstellung Altenkirchens als Mittelpunkt einer großen Pfarrei mit mehreren Kapellen, die durch die berühmte Urkunde des Cassiusstiftes in Bonn aus dem Jahre 1131 belegt wird, rechtfertigen sogar die Annahme, dass in Altenkirchen möglicherweise die erste und älteste Christenkirche auf dem Westerwald gewesen ist. Ob die „alte Holzkirche“, von der immer wieder die Rede ist, die Verleihung der Stadtrechte im Jahre 1314 durch Kaiser Ludwig den Bayern erlebt hat, weiß man nicht. Fest steht nur, dass nach der Erhebung zur Stadt, auf dem Hügel, der das Schloss der Grafen von Sayn trug, eine Basilika aus Stein im romanischen Stil errichtet wurde, die den erhaltenen Kirchen in Mehren und Birnbach ähnlich war und ein halbes Jahrtausend überdauert hat.
Altenkirchens romanische Basilika aus dem 14. Jh. war 1821 baufällig
Die Geschichte der Kirche ist natürlich immer auch eine Geschichte der Stadt gewesen - und umgekehrt. Das Schloss stand in unmittelbarer Nähe der Kirche. Wann es erbaut worden ist, steht geschichtlich nicht fest; es bestand als Burg ganz sicher schon im Jahre 1298. Der Bau des Schlosses, so wie es in die Geschichte Altenkirchens eingegangen ist, wird mit 1586 datiert. Im Jahre 1298 kam die Stadt mit "Schloß" und Amt zur Herrschaft Sayn. Zum Amt gehörten damals die Kirchspiele Altenkirchen, Birnbach und Mehren, um 1600 Altenkirchen, Schöneberg, Almersbach, Flammersfeld, Mehren, Birnbach und Hamm. Schon 1329 erlaubte Kaiser Ludwig der Bayer dem Grafen Johann II. von Sayn, Hellermünzen zu prägen.
Die enge Verbindung von Stadt und Kirche wurde rein äußerlich auch dadurch dokumentiert, dass die Herrschaft vom Schloss aus einen eigenen abgeschlossenen Zugang zur Kirche hatte, der zu den herrschaftlichen Plätzen dem Altar gegenüber führte.
Seit der Einführung der Reformation diente die Kirche dem evangelischen Gottesdienst. 1561 wurde das lutherische, 1605 das reformierte Bekenntnis eingeführt. Durch den großen Brand des Jahres 1728 und durch mancherlei Kriegseinwirkungen, besonders während der Schlacht bei Altenkirchen im Jahre 1796, hatte die Kirche so stark gelitten, dass man sich zu ihrem Abbruch entschloss.
Unter Verwendung der alten Fundamente wurde 1822 der Neubau begonnen, der nach den Plänen des bekannten Berliner Baumeisters Karl Friedrich Schinkel 1827 vollendet wurde. Nicht einmal ein volles Menschenalter war der Schinkelschen Kirche beschieden. Kaum 66 Jahre alt, wurde sie durch ein Großfeuer am 23. April 1893 vernichtet. Abermals baute die opferwillige Gemeinde an gleicher Stelle ihre Kirche und weihte sie am 6. Dezember 1894 ein. Der rechteckige Grundriss der neuen Kirche hatte die Maße von 15 x 30 Metern. Eine durchlaufende Empore gab 385 Besuchern Raum, während das Schiff 375 Sitzplätze aufwies. Beherrschend ragte wieder ein stolzer Turm über die Dächer der Stadt und gab ihr das Gepräge.
Kurz vor dem Ende des 2. Weltkrieges war auch das Schicksal dieser Kirche besiegelt. Der Bombenangriff der amerikanischen Luftwaffe am Sonntag, dem 25. März 1945, legte sie mit ihrer katholischen Schwesterkirche (eingeweiht am 01.07.1853) und einem großen Teil der Wohnhäuser der Stadt in Schutt und Asche. Die Zerstörung war so gründlich, dass die noch stehen gebliebene Ruine des Turmes gesprengt werden musste.
Mit Beharrlichkeit und Fleiß begannen nach der Währungsreform die Aufräumungsarbeiten und bald darauf der Wiederaufbau. Nach dem Plan von Architekt Schönhagen, Koblenz, wurde, abermals auf den Grundmauern der alten Kirche, die heutige Christuskirche errichtet und am 27. September 1953 eingeweiht. Im Untergeschoss befinden sich zudem ein Gemeindesaal und weitere Räume, die bis zum Jahre 1992 (Einweihung der ev. Kindertagesstätte am 19.07.1992) als Kindergarten genutzt wurden. Seitdem ist dort die Öffentliche Evangelische Bücherei untergebracht, die über einen sich ständig erweiternden Bestand verfügt und deshalb unter der Bevölkerung beachtlichen Zuspruch findet.
Die evangelische Kirchengemeinde kann also auf die Geschichte von fünf Kirchen zurückblicken. Sie standen immer an derselben Stelle in der gleichen Richtung, südwest-nordost, auch der Turm behielt seinen festen Platz. Der Kirchhof war in früherer Zeit, wahrscheinlich noch bis 1784, gleichzeitig Friedhof. Mitgliedern der gräflichen Familie und anderen hochgestellten Persönlichkeiten wurde eine Erbbegräbnisgerechtigkeit in der Kirche zugestanden. Freigelegte Zinnsärge, insbesondere nach dem großen Brand von 1893, lieferten den Nachweis einer gräflichen Gruft.
Die Christuskirche anno 1953
Mehrmals wurde Altenkirchen von Pestilenz heimgesucht, am schrecklichsten im Jahre 1636. Sayn-Altenkirchen ist durch Heirat 1661 an den Herzog von Sachsen-Eisenach gefallen, die Stadt blieb aber eine intakte Residenz mit Schloss und Kirche. Der Komponist Daniel Eberlin, Schwiegervater von G. Ph. Telemann, war von 1665-1668 Leiter der Hofmusik in Altenkirchen gewesen. Die Kirchengemeinde besitzt nur wenige wertvolle Kunstschätze bzw. Gegenstände aus ihrer langjährigen Geschichte. Ein recht aufschlussreicher silberner Abendmahlsteller aus dem Jahre 1705 ist erhalten geblieben, er trägt die Inschrift: „Johann Hendrich Fischer Undt Susanna Elisabetha von Thoir Eheleudt Wohnhaft in Colln Ver Ehren Diesen Silbern Teller An die Reformirte gemein in Altenkirchen Anno 1705.“
Als am 10. Oktober 1819 die Union zwischen Lutheranern und Reformierten zustande kam, teilte man zwischen den beiden Pfarrstellen die Stadt Altenkirchen („Ober- und Unterstadt“) auf, sowie die Ortschaften Bachenberg, Bergenhausen, Beul, Busenhausen, Dieperzen, Helmenzen, Heupelzen, Hüttenhofen, Kettenhausen, Leuzbach, Mammelzen, Michelbach, Niedererbach, Nieder- und Oberingelbach, Reuffelbach, Sörth und Widderstein. Schon seit Jahrzehnten gehört die Kirchengemeinde Altenkirchen zu den größten des Kirchenkreises. Zur Zeit sind 3 Pfarrbezirke eingerichtet. Seit 1958 ist Altenkirchen Sitz der Landjugendakademie der Ev. Kirche in Deutschland und der rheinischen Landvolkshochschule.
Im Jahre 1967 kam die Superintendentur nach Altenkirchen. Das erforderte den Umbau und Verkauf des alten Gemeindehauses in der Quengelstraße (jetzt Stadthallenweg) an den Kirchenkreis Altenkirchen. Es beherbergt nun als „Haus der Ev. Kirche„“ das Gemeindeamt, das Ev. Rentamt, das Diakonische Werk und weitere kreiskirchliche Dienststellen. 1975 entstand in der Nähe des Kreiskrankenhauses Ev. „Theodor-Fliedner-Heim“ für Senioren. Im Sommer 1975 wurde nach mehrjähriger Bauzeit das neue Gemeindezentrum an der Wilhelmstraße in Dienst genommen. Dieser Bau mit einem Forum auch für größere Veranstaltungen kann kirchlicher Arbeit in umfassendem Sinne nachkommen. Im Untergeschoss befindet sich das Jugendzentrum als „Haus der offenen Tür“, das von ausgebildeten Sozialpädagogen geleitet wird. Eine ehemals von Kreuznacher Diakonissen beschickte Schwesternstation ist am 1. Juli 1979 der modernen Kirchlichen Sozialstation Altenkirchen/Flammersfeld gewichen.
1977 wurde die Christuskirche umfangreich und grundlegend unter Leitung von Architekt Erich J. Thomas aus Altenkirchen renoviert.
Hervorstechendes Merkmal der Umgestaltung ist ein Kreuzbildwerk im großen Turmbogen hinter dem Altar; es enthält eine Fülle biblischer Aussagen. Schon beim Betreten des Kirchenraumes wird das dominierende Kreuz auf der Weltkugel sichtbar als das Versöhnungszeichen des Neuen Bundes, darunter der Siebenarmige Leuchter, das Zeichen des Alten Bundes. Über der halbkreisförmigen Leuchterform tritt der Bogen aus den Wolken hervor, das Zeichen des Friedens nach der Sintflut. Leuchter und Bogen schließen sich zum Rund der Kugel. Im unteren Bogenbereich ist die Arche als Zeichen der Geborgenheit eingefügt. Auf der oberen Halbkugel wird das Bemühen des Menschen dargestellt, der sich schon immer „seine Welt bauen will“. Der unstete und flüchtige Kam umbaut sich mit der ersten Stadt, und die aus der Arche Kommenden bauen einen Turm, der bis zum Himmel ragen sollte. Die Altenkirchener werden den zerstörten, geborstenen Kirchturm wiedererkennen, der lange Zeit die Trümmer der zerbombten Stadt überragte. Die Erhöhung und Krönung des Bildwerkes wird durch die Goldene Stadt, das Himmlische Jerusalem, dargestellt. Unter dem Kreuz, über dem Bogen des Friedens, stehen sieben Gestalten, stellvertretend für die glaubende Gemeinde.
Das von Erwin Wortelkamp aus Hasselbach geschaffene Mahnmal am Zugang zur Kirche erinnert an die Pogromnacht am 9. November 1938, als mit den Synagogen in Deutschland auch die Altenkirchener Synagoge niedergebrannt wurde. Das Mahnmal wurde am 9. November 1978 eingeweiht.
Die wichtigsten Daten über Orgel, Glocken und Glockenspiel der Christuskirche
Die Orgel auf der Empore wurde 1955 von der Orgelbaufirma Walcker in Ludwigsburg erbaut. Sie hat 33 klingende Register, über 2.500 Pfeifen, verteilt auf vier Werke, die von einem fahrbaren Spieltisch aus mit 2 Manualen und Pedal über eine elektropneumatische Traktur gespielt werden. Bei der Renovierung der Orgel 1982 durch die Firma Kleuker in Bielefeld wurde die Disposition geringfügig geändert, die Zahl der Zungenstimmen auf sechs erweitert, so dass auf dem Instrument die Orgelliteratur aller Epochen und Stilrichtungen wiedergegeben werden kann.
Die alten Glocken, 1526 und 1530 von Peter von Echternach gegossen, fielen dem großen Brand von 1893 zum Opfer. Die 1894 gegossenen vier Bronzeglocken mussten im ersten Weltkrieg abgegeben werden. Im Jahre 1920 wurde das Geläut durch drei neue, beim Bochumer Verein gegossene, Gussstahlglocken ersetzt. Sie überlebten den Bombenangriff vom 25. März 1945 im beschädigten Turm und läuteten von 1946 bis 1950 in einem Notgestühl am Gemeindehaus in der Quengelstraße. Im Jahre 1951, als der Turm der neuen Christuskirche noch im Rohbau stand, fanden die Glocken hier wieder ihren alten Platz.
Inschriften der Glocken Glocke 1: „Ein feste Burg ist unser Gott“ Glocke 2: „Mit unsrer Macht ist nichts getan“ Glocke 3: „Das Reich muß uns doch bleiben“.
Zu den drei großen Glocken wurden 1958 elf weitere Gussstahlglocken für ein Glockenspiel angeschafft. Am Morgen, am Mittag und am Abend erklingt, automatisch über eine Walze gespielt, ein Choral. Von einem Spieltisch aus können aber auch weitere Choralmelodien gespielt werden.